Von Sarah Weinberg | 16. Juli 2021
Normalerweise steht Antonino zusammen mit seinen drei Bandkollegen als "Mega! Mega!" auf der Bühne und bringt das Publikum zum Tanzen, Schwitzen und Feiern. In den vergangenen Monaten mussten Bands und Musiker:innen aber bekanntlich die Füße stillhalten. Diese ungewöhnliche Konzert-"Zwangspause" hielt den Wahlberliner allerdings nicht davon ab, an neuer Musik zu arbeiten. Heute erscheint seine Debütsingle "Tanlines im Gesicht" als GIARDINI NAXOS.
Der Künstlername GIARDINI NAXOS ist eine Anlehnung an Antoninos ersten Hotelurlaub mit seiner Familie auf Sizilien – im Städtchen Giardini Naxos, östlich des Ätna. Das Urlaubsfeeling, das der Musiker mit diesem Ort verbindet, spiegelt sich auch in seiner Musik wieder. "Tanlines im Gesicht" klingt nach Sonne, Leichtigkeit und Cocktails am Strand.
Musikalisch ist der Song eine Mischung aus Indie, Hip Hop und sanften Elektrobeats. Antonino besingt auf dem Track die mittlerweile jedem bekannten, pandemisch bedingten Situationen, wie zum Beispiel "...durch Plexiglasscheiben", "Wir wollen raus, alles hat zu" und "Wir nuscheln Hi - Hi durch die FFP2-Maske". Gleichzeitig beschreibt der Musiker die Sehnsucht nach gewohnten Sommernächten, feiernd in Clubs. Er selbst bezeichnet sich und seine Musik als "Dreamy", "aufgekratzt" und "Fernweh".
Im nachfolgenden Interview mit Old Vinyl spricht Antonino über seine Debütsingle "Tanlines im Gesicht", die Unterschiede zwischen GIARDINI NAXOS und Mega! Mega! und die Veränderungen, die er in den vergangenen eineinhalb Jahren als Mensch und auch als Musiker durchgemacht hat.
"Wenn das alles rum ist
Gehen wir in die dunkelsten Clubs der Stadt
Lieben sogar das Anstehen
und verlieren uns wieder in der Nacht"
Old Vinyl: Hi Antonino. Erst einmal eine klassische Frage zum Einstieg: Wie kam es zum Solo-Projekt neben deiner Band Mega! Mega! ?
Giardini Naxos: Neben meiner Liebe zur Rockmusik gibt es da auch noch einen sehr großen Fleck in meinem Herzen, der dem Pop verschrieben ist. Ich habe jahrelang in Berlin aufgelegt und größtenteils Pop-Remixe gespielt. Von daher hatte ich sehr lange den Wunsch mal musikalisch was Neues auszuprobieren, doch ich war nie richtig fit in der Musikproduktion.
Als dann durch die Pandemie meine Band MEGA! MEGA! zu einer Pause gezwungen wurde, hatte ich genügend Zeit mich in das Thema reinzufuchsen und meine angestauten musikalischen Ideen umzusetzen. So wagte ich meine ersten Gehversuche und habe ein Intro für den Podcast Fest und Flauschig zuhause getextet, aufgenommen und produziert, der dann tatsächlich von Olli Schulz und Jan Böhmermann (Folge: "Raus aus der Verwahrlosung", 29.11.2020) gespielt wurde. Davon ausgehend habe ich dann angefangen, Textideen, die nicht in das MEGA! MEGA! Konzept passten, in dem neuen Gewand umzusetzen. Leider bin ich dann doch kein so großartiger Produzent, wie ich es mir gewünscht hätte.
Auf der Suche nach Unterstützung in dem Bereich lernte ich über Blvth Anfang des Jahres dann 7kcalls kennen, mit dem ich nach einigen Remote-Writing-Sessions dann in seinem Studio insgesamt fünf Songs aufgenommen habe.
Old Vinyl: Ziehst du eine klare musikalische undoder thematische Linie zwischen deiner Arbeit als Giardini Naxos und mit Mega! Mega! oder überlässt du die Inspiration dem Zufall?
Giardini Naxos: Musikalisch ziehe ich die Linie ganz klar. MEGA! MEGA! ist Rock, Giardini Naxos ist Pop. Thematisch gibt es bislang sehr wenig Schnittmengen, wenn man die EP vorwegnehmen möchte. Während es bei der Band eher um alltägliche Themen geht, ist bei Giardini Naxos eher Fernweh, Liebe zur Freiheit oder aber toxische Beziehungen und Schlafstörungen Gegenstand der Texte. Das ist aber eher Zufall. Anders als bei MEGA! MEGA! steht bei Giardini Naxos meist erst die Musik, worauf ich dann den Text schreibe. Durch die Stimmung der Musik ergibt sich dann oft ein Thema. Meine Ideensammlung ist sehr sehr umfangreich, so dass ich zu jeglicher Stimmung zumindest eine lyrische Grundidee habe.
Old Vinyl: Was war deine Inspiration für den Song „Tanlines im Gesicht“?
Giardini Naxos: Die Grundidee kam im ersten Sommer der Pandemie. Das war so eine klassische Situation wie Text in meine Ideensammlung landet. Ich war draußen unterwegs mit Maske und habe dann in Gedanken rumgesponnen, dass man bei dem Wetter locker innerhalb kürzester Zeit Bräunungsstreifen bekommen müsste: In mein Smartphone eingetippt.
Als ich dann dieses Jahr mit 7kcalls Songs produzierte, fiel mir der Satz und die Thematik direkt ein, als ich das sommerlich frische, aber leicht melancholische Instrumental hörte, das er gezaubert hatte.
Textlich war es ziemlich einfach, da das Thema ja allgegenwärtig ist und ziemlich jeglichen Aspekt berührt. Sei es das Lesen von wissenschaftlichen Vorab-Publikationen, sogenannte Preprints, oder die Plexiglas-Scheiben in den Supermarktkassen.
Natürlich ändern auch die Regeln und Handhabung, von daher hat die Aktualität des Songs eine gewisse Halbwertszeit, weswegen ich ihn wo schnell wie möglich veröffentlichen wollte. Dies ist nun also das erste Lebenszeichen von Giardini Naxos.
Old Vinyl: Würdest du sagen, dass dich die vergangenen eineinhalb Jahre Pandemie als Mensch und auch als Musiker verändert haben? Falls ja – inwiefern?
Giardini Naxos: Definitiv haben sie das. Ich bin mir meiner Grenzen im Hinblick auf meine Mitmenschen bewusst. Ich tue nicht mehr leichtfertig Dinge, die mir nicht gut tun oder worauf ich keinen Bock habe. Ich sage nun früher Bescheid, wenn Leute meine Grenzen überschreiten. Das hat angefangen mit den Corona AHA Regeln und das habe ich nun in ziemlich jeden Bereich ausgeweitet.
Musikalisch hatte das ja ganz offensichtlich auch gravierende Auswirkungen. Ich glaube, ich hätte dieses Soloprojekt, das ich insgeheim schon seit meinem Sizilien Urlaub 2019 plane, sonst nie in die Tat umgesetzt, da all meine kreative Energie 100% in MEGA! MEGA! geflossen wäre. Doch die Auftrittspause hat den Raum geschaffen anzufangen.
Old Vinyl: Eine Message an die Leser:innen da draußen?
Giardini Naxos: Mein größtes Learning aus der Pandemie ist, dass gemachte Pläne nicht in Stein gemeißelt sind. Manchmal passieren kleine oder große Dinge, die alles über den Haufen werfen. Der Ausdruck "das beste draus machen" baut ziemlich viel Erfolgsdruck auf, aber man sollte zumindest "etwas machen" und sich vom Ergebnis überraschen lassen. Ich wünsche allen ganz viel Mut mit neuen Situationen umzugehen.
Old Vinyl: Zum Schluss haben wir noch eine kreative Aufgabe für dich: Bitte zeichne, was dir bei deiner Single "Tanlines im Gesicht" in den Sinn kommt.