INTERVIEW MIT ITCHY

Es geht wieder los! ITCHY präsentieren am 7. Februar ihr achtes Studioalbum "JA ALS OB" und feiern damit gleichzeitig Premiere: die Platte ist das erste Werk auf Deutsch. Woher der Sinneswandel bei den drei sympathischen Punkrockern aus Eislingen an der Fils kam, welche Erinnerungen sie an das Überqueren der Schweizer Grenze haben und welche gesellschaftlichen und politischen Themen ihnen am Herz liegen, hat uns Bassist und Sänger Panzer im Interview erzählt.

ITCHY präsentieren am 7. Februar ihr neues Album "JA ALS OB".
Foto: Diana Mühlberger // @getbackstage

Hallo Panzer, frohes neues Jahr! Euer neues Album „Ja als Ob“ steht in den Startlöchern, die Tour beginnt Mitte März. Wie geht’s euch?

Ebenso noch Frohes Neues! Ich hab derzeit einen leichten Schnupfen, danke der Nachfrage. Abgesehen davon ist aber alles ganz großartig bei uns. Ist ja immer ein ganz schöner Batzen Arbeit so ein neues Album zu schreiben, aufzunehmen, zu promoten und so weiter. Die Platte erscheint auch wieder über unser eigenes Label „Findaway Records“, was dazu führt, dass wir uns zur Zeit eher mit Businessfragen rumschlagen und zeitgleich viele Interviews geben. Also eher weniger unsere Instrumente in den Händen halten. Von daher sind wir ultra froh, dass die Leute da draußen das Album jetzt bald endlich hören können und wir dann zusammen mit unserem Publikum auf der Tour die Clubs wieder auf links drehen dürfen. Wir haben mega Bock!

 

Das neue Album wird erstmals auf Deutsch sein – wie kam es zum Sinneswechsel, wer kam auf die Idee? Wohl doch nicht etwa wir? (Im letzten Interview hatten wir ITCHY darauf angesprochen, Anm. d. Red.)

Scheisse, was haben wir da denn wieder erzählt? Wir halten es hier aber einfach auch wieder mit Konrad Adenauer: „Was interssiert uns unser Geschwätz von gestern?“. Tatsächlich stand der Gedanke, es mal auf Deutsch zu versuchen, schon länger im Raum. So richtig hatten wir uns da aber nie rangetraut und eigentlich haben wir uns mit Englisch auch immer sehr wohlgefühlt. Diesmal war dann aber doch irgendwie der Drang da, das nochmal zu testen und das lief einfach überraschend gut. Wir haben innerhalb kurzer Zeit über 50 Demosongs auf Deutsch geschrieben und es hat krass viel Spaß gemacht einen neuen Zugang zum Texte schreiben zu bekommen und sich anders ausdrücken zu können.

 

Mit welchen Themen befasst sich „Ja als ob“?

Wie immer ist das sehr vielschichtig bei uns. Wir schreiben keine Konzeptalben, in denen sich alles nur um ein Thema dreht. Wir versuchen in einem Album immer eine Momentaufnahme von uns persönlich und unserem derzeitigen Blick auf die Themen und Probleme in unserer Gesellschaft zu verbinden. So gibt es auch diesmal wieder ganz persönliche Geschichten, aber auch gesellschaftskritische und politisch motivierte Songs. „Unser Lied“ ist zum Beispiel eine wahre Geschichte über einen, etwas verwahrlosten, aber extrem beeindruckenden Straßenmusiker, den ich mal getroffen habe. „Nicht weg“ ist unser Statement zu der Tatsache, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zur Zeit ja leider wieder ganz en vogue zu sein scheint und in „Wo seid ihr denn alle?“ trauern wir um alle bereits verstorbenen Musiker, die uns irgendwann mal beeinflusst haben. Der Held des Liedes ist übrigens Ozzy Osbourne, weil er gefühlt der einzige ist, der immer noch lebt. Wie auch immer er das geschafft hat. Lest mal seine Biograhie. Der Typ müsste, nach logischen Gesichtspunkten, eigentlich seit 50 Jahren tot sein. Lustigtstes Buch der Welt.



Es ist bekannt, dass ihr neben der Musik auch auf wichtige Themen und Umstände in der Welt aufmerksam machen wollt. Welche Organisationen unterstützt ihr zurzeit und mit welchen Themen wollt ihr an die Leute herantreten und mehr Bewusstsein schaffen?

Wir waren erst im letzten Herbst wieder zusammen mit unseren Freunden von „Ocean Care“ im Mittelmeer unterwegs. Da sind wir einige Tage auf einem Segelschiff umhergeschippert und haben, tauchenderweise, große Mengen Plastikmüll aus dem Meer gefischt. Wir engagieren uns jetzt schon seit 2011 im Bereich Meereschutz und werden an dem Thema auch weiter dranbleiben. Es ist einfach ein Fiasko, wie wir Menschen mit der Natur umgehen und wir versuchen unseren kleinen Teil beizutragen, um auf die Problematik aufmerksam zu machen. Außerdem unterstützen wir immer wieder Organisationen, die sich für Menschenrechte und gegen Rassismus stark machen. Auf unserer Tour im März und April wird diesmal „Kein Bock auf Nazis“ mit einem eigenen Stand vor Ort sein. Darüber freuen wir uns.

 

Weil ihr ja jetzt auf Deutsch singt, liegt es natürlich nahe zu fragen: Wann kommt der erste Song auf schwäbisch?

Wenn man unserem Berliner Produzenten Flo Nowak glauben schenken mag, haben wir das bereits mehrfach getan. Jedenfalls hat er uns während der Gesangsaufnahmen ständig frustriert unterbrochen und uns Sätze wie „ALTER, das klingt so krass schwäbisch, das geht gar nicht!“ an den Kopf geworfen. Teilweise wussten wir garnicht, was der überhaupt von uns will, weil wir in unserer eigenen Wahrnehmung natürlich astreines Hochdeutsch sprechen. Jedenfalls war es teilweise ein harter Kampf bis alle falschen „S“ und „Sch“-Laute verbannt waren. Hot dann abbr em Endäffekt doch no ganz guad 'klappt.

 

In der Vergangenheit habt ihr an der Schweizer Grenze schon einige Abenteuer erlebt. Was war die skurrilste Geschichte?

Ja, da gibt es immer wieder einige Probleme. Irgendwie hassen die Zöllner uns. Beruht aber auf Gegenseitigkeit. Wir haben einige der Ereignisse auch in unserem Buch „How to survive as a Rock Band“ verarbeitet. Ich glaub das schlimmste mal war, als sie uns mitten im Winter angehalten haben und wir uns bei eisigen Temperaturen über eine Stunde nebeneinander aufgereiht in eine offenstehende Garage setzen mussten. Einer der Beamten hat unseren Bus nach Drogen durchsucht und der andere stand währendessen die ganze Zeit vor uns und hatte seine Hand an der Waffe. Reden durften wir auch nicht. Als Sibbi dann trotzdem den Zollbeamten im Bus fragte, ob er ihm kurz sein Butterbrot rausgeben könnte, wenn er doch eh grade am Handschuhfach ist, war die Stimmung dann vollkommen im Eimer...



Welche Gewohnheit hat sich in den letzten Jahren kurz vor der Show bei euch „etabliert“?

Meistens werden noch kurze, motivierende Reden gehalten: Sibbi sagt gerne so Sachen wie „Jungs, gestern war nix, aber heute wird’s bestimmt vielleicht besser!“. Max entgegnet dann „Halt jetzt dein Maul, ich muss los. Das Intro läuft schon!“ und dann geht’s meistens auch schon rund. Dazu wird aus Tradition ein ekelhafter Kräuterschnaps gereicht und einen Schlachtruf gibt’s auch noch. Der bleibt aber geheim.

 

Wie wird ITCHY in 50 Jahren klingen?

Standesgemäß.

 

Bitte vervollständigt die folgenden Sätze:

Wäre unser neues Album „Ja als ob“ ein Getränk, wäre es… ein guter französischer Rotwein, aus dem Sensationsjahrgang 2020. Man muss ihm beim Hören erst Zeit zum atmen lassen, bevor sich die vollmundige Qualität gänzlich entwickelt. Trocken im Abgang. Keine Korkenrückstände.

Das Artwork zum Album wurde inspiriert durch… Röntgenbilder. Die Hand auf dem Cover ist übrigens Sibbis Hand. Ich danke ihm an der Stelle nochmal für seine aufopfernde Röntgenbereitschaft.

Wenn wir nur noch in einer einzigen Stadt auftreten dürften, dann wäre das… Eislingen an der Fils. Dann wurde die dauerende Fahrerei endlich wegfallen.

Wir proben im Monat durchschnittlich eher ungerne mal.

Für 2020 wünschen wir uns… dass der VfB Stuttgart wieder in die Bundesliga aufsteigt und den DFB-Pokal gewinnt. Im Finale gegen Bayern. 5:1.

 

 

Zum Abschluss würden wir dich bitten, uns eine Kostprobe deiner Zeichenkünste zu geben und uns aufzumalen, was auf der kommenden Tour nicht fehlen darf.

Credits: Panzer
Credits: Panzer

(c) Pia und Sarah, 28. Januar 2020