Interview: KAFVKA - "Ich kann wenig Einfluss auf meine Texte nehmen"

Alisa Knoll | 04. Juli 2024

Am 28. Juni veröffentlichten KAFVKA ihr viertes Album "Kaputt" über das bandeigene Label ZUKUNFVT.
Der Band ist es ein weiteres Mal gelungen mit ihren Songs gesellschaftlich relevante Themen anzusprechen und in ihren typischen Crossover Gewand zu hüllen. Dennoch gehen die Hörer:innen am Ende mit Verständnis und Hoffnung aus dem Album, trotz der Schwere in den Themen. Kaputt klingt nach dem gewohnten guten und durchdachten KAFVKA Sound, mit dem Hang zu mehr Offenheit und Nahbarkeit.

 

Mit Sänger Jonas haben wir uns vor Release über das Album, den Entstehungsprozess, das Songwriting und Feedback ihrer Hörer:innen unterhalten.

 

Foto: Thomas Tiefseetaucher
Foto: Thomas Tiefseetaucher

OV: Wie geht's dir vor und mit dem Release?

Jonas: Mit und vor dem Release geht es uns und mir ziemlich gut. Wir sind natürlich total gespannt was die Menschen, die sich die Musik anhören, dann sagen zu den Songs, die noch nicht veröffentlicht wurden. Aber wir sind guter Dinge, weil wir happy mit dem Album sind. Das ist echt ein gutes Gefühl mit dem wir in den Release reingehen. Spannung steigt. Mal gucken. Und auch bei paar Reviews. Was da so passiert, was Leute über das Album sagen. Find ich jedenfalls immer sehr interessant, Meinungen von außen zu hören, ob jetzt von Fans oder von Journos ist fast egal, aber ist sehr interessant.

OV: Wie war eure Pre-Release Show?

Jonas: Unser Pre-Release Konzert war wunderschön und war genauso wie wir uns das erhofft haben. Wir haben das ja noch nie vorher gemacht, dass wir Menschen eingeladen haben, gemeinsam mit uns 'ne Woche vor Release die neue Platte zu feiern und zu zelebrieren, dass sie schon fast da ist. Und eben auch die ganze Platte einmal live durchzuspielen und vorzuführen für die Menschen. Das hat viel Spaß gemacht und das hat uns, womit wir nicht gerechnet haben, ein Gefühl von Release-Party gegeben. Es war ja wirklich geplant als Pre-Release Konzert und wir dachten wir treffen uns zum Releasetag nochmal und zelebrieren dann nochmal oder machen 'ne Party oder sonst was, aber wir haben alle das Gefühl gehabt, eigentlich haben wir das schon. Es ist fast eher komisch, dass das Album noch nicht für alle da draußen hörbar war. Es gab viel tolles Feedback, die Leute waren happy und sind teilweise aus Süddeutschland, Köln her gefahren und ich glaube sogar eine Person aus Österreich. Big Up, dass sie das auf sich genommen haben, aber sie kamen nach der Show und meinten es hat sich mega gelohnt, das war genauso schön und besonders, wie wir dachten. Wir als Band und Crew haben uns Mühe gegeben, dass das ein ganz besonderer Abend wird und das hat geklappt.

 

OV: Wie schätzt du das Feedback eurer Hörer:innen ein? Was wird hervorstechen?

Jonas: Wir sind sehr gespannt auf das Feedback zum Album. Es sind ja glaube sechs Songs, die noch erscheinen, also das halbe Album, das die Menschen noch nicht gehört haben, weil es nicht vorab veröffentlicht wurde. Das heißt viel Raum für Feedback. Was immer das Schönste ist zu hören, deshalb erhoffen wir uns auch diesmal, dass Menschen oft zu uns sagen, dass wir quasi ihre Gedanken, ihre Gefühle in Musik umgesetzt haben. Das ist natürlich immer sehr befriedigend und dafür ist unsere Musik auch irgendwie da, um sich gegenseitig zu motivieren, zu bestärken. In dieser kaputten Welt, dennoch aktiv, politisch und reflektiert zu bleiben und weiter zu kämpfen für eine gerechte Welt, für ein gutes Leben für alle.

Ich weiß nicht, ich bin sehr gespannt, ob es von Leuten Lieblingssongs gibt, was ich von einem Song vielleicht so gar nicht erwartet hätte. Der Song ‘Kaputt’ , bedeutet uns allen sehr viel und wir sind gespannt, wie er ankommt. Den gibt's ja nochmal als Single, mit Video und allem. Schreibt uns alle Comments und sagt uns, wie ihr es findet, was ihr fühlt.

OV: Für welche Situation eignet sich das Album am Besten?

Jonas: Das Kaputt Album ist ja weniger parolisch, als Paroli geworden. Wie der Name schon sagt - es beschäftigt sich inhaltlich und musikalisch mehr mit dem, was macht diese kaputte Welt auch mit mir.  Es gibt Songs, wie Kaputt und Millionen, die mehr Kampfansage sind und gut kommen auf Demo, aber es gibt auch andere Tracks, die mehr so aus dem Inneren reflektieren, was macht der ganze Struggle mit einem, wenn man als politisch bewusster Mensch auf diesem Planeten lebt oder Songs, die man ganz nah bei sich hören kann, z.B. So viel mehr.  Die Zeile "Für die, die dich kennen, bist du ein Geschenk” kann einen direkt berühren, aber wenn man sie ohne Zusammenhang hört, klingt sie fast kitschig. Es braucht in diesen Zeiten Bestärkung und deswegen ist der Text wie er ist und das ist ein Song, den man schön alleine mit Kopfhörern hören kann. Es gibt verschiedene Situationen, wo das Album gut funktionieren kann. Ich bin happy, wenn die Leute mir sagen, wo das Album für sie gut funktioniert. Ich kann das oft auch gar nicht einschätzen, weil das oft Interpretationssache ist. Manche fühlen Texte anders, als ich sie beim Schreiben gemeint habe.

OV: Stichwort: Persönlichstes Album. Es gibt in den Songs mehr “Du” und “Ich” Botschaften/Ansprachen. Fiel dir das schwer? Oder ist das einfach im Songwriting so passiert?

Jonas: Das ist überhaupt nicht bewusst passiert und geplant gewesen. Ich sage immer ganz gerne und das Gefühl habe ich ehrlicherweise auch: ich kann wenig Einfluss auf meine Texte nehmen. Ich kann schon bewusst entscheiden, dass ich mal da drüber schreibe und mach mir Notizen, aber ob so ein Text richtig flowed im Herstellungsprozess, kann ich wirklich nicht beeinflussen. Die, die sich schreiben und die zu einem Song werden, das ist teilweise für mich auch überraschend. Ich habe keine  “Ich” / “Du” - Botschaften geplant, deshalb ist das einfach so raus geflossen und war jetzt kein schwieriger Prozess. Wir haben uns sowieso insgesamt im Songwriting für dieses Album so richtig frei machen können von aller Wertung, Ansprüchen und Erwartungen, die Leute vielleicht an uns haben können, sondern haben einfach das gemacht, was wir gut fanden und finden und worauf wir Lust hatten. Das war bei den Lyrics auch so.

OV: Was schätzt du an der Zusammenarbeit - während einer Albumproduktion mit der Band am meisten?

Jonas: Wir sind mittlerweile einfach eine sehr wertschätzende, liebevolle Freundesgang miteinander. Das war nicht immer so, aber gerade die Jahre, in denen wir in dieser Konstellation fest zusammen spielen, also Sascha, Phil, Alessio und ich. Plus unsere Crew drumherum, die auch über die Jahre gewachsen ist, ist einfach sehr viel Love und Wertschätzung im Umgang miteinander und das macht Songwriting zusammen total schön. Bei früheren Musikprojekten, wo ich Teil war, da war ich teilweise voller Komplexe, ich könne nicht richtig singen, ich hab nur doofe Ideen und war auch der Einzige, der nicht so ‘ne Rockmusik gehört hat, eher Rap und trotzdem Teil von so rockigen Bands und Projekten war. Das wäre jetzt niemals so, also es gäbe vor meinen KAFVKA Boys nichts, was mir zu peinlich wäre, als Vorschlag. Wir können alles sagen, ohne dass wir uns irgendwie einschränken, das ist schön. Das sorgt für ‘ne große Freiheit im Songwriting miteinander und für geile kreative Prozesse, die sonst so gar nicht passieren würden.

Für uns war es richtig geil, dass wir fast bis zum Ende alles selbst produziert haben. Wir haben bis zum Pre Mix alles selbst produziert. Dann gab es nochmal eine Person, die drüber gemischt hat auf ‘nem Pro Level und eine Person, die gemastert hat, auch auf ‘nem super Pro Level. Aber alles vorher haben wir selbst gemacht. Im Proberaum aufgenommen und hatten dadurch alles in der Hand, haben jede Nuance sozusagen zu Viert kollektiv entschieden und das hat einfach mega viel Spaß gemacht und ich glaube, deshalb sind uns allen alle Songs auf dem Album auch total nah und lieb.

 

OV: Gibt es eine:n Kritiker:in, deren Meinung zu neuer Musik von euch, dir/euch am wichtigsten ist?

Jonas: Weiß nicht. Ich bin auch immer zwiegespalten, wenn ich Reviews lese, also Plattenkritiken von Magazinen, wie sehr wir das an uns ranlassen sollten. Am Ende ist es auch nur irgendeine Person, die irgendeine Meinung hat. Dadurch, dass wir alle so happy mit dem Album sind, ist das glaube ich relativ egal, wer das wie findet. Ich glaube, wenn das jetzt alle unsere Fans scheiße fänden, würde uns das schon treffen. Aber das kann ich mir nicht vorstellen. Weil wir haben mittlerweile auch 'ne starke Verbindung mit vielen Leuten über die Jahre aufgebaut. Eine Fanbase die bleibt und haben auch viel Vertrauen in unsere Hörer und Hörerinnen, dass die sich zB nicht abschrecken lassen von irgendeiner Effektirung wie Autotune im Gesang oder dass die Synths Verwendung scheiße finden. Dass die sich genre mäßig was rauspicken und sagen “Nee, das ist ja gar keine Musik” oder dass ihnen die Songs auf’m neuen Album zu langsam sind. Ich glaube, die lieben auch unsere Hymnen und unsere Epic Rocksongs, sozusagen, aber ich glaube, sie werden uns auch total zugestehen, dass wir jetzt gerade einfach dieses Album gemacht haben. Das ist jetzt gerade für uns, die Zeit für so ein Album, anderes hätten wir es gar nicht machen können. Wir hätten jetzt gar nicht auf Druck, mehr oder weniger poppig oder so machen können. Wir glauben und hoffen, dass es den Leuten gefällt, die mit uns sind, die Tourtickets und das Album vorbestellt haben. Natürlich wollen wir die nicht enttäuschen, aber gleichzeitig glauben wir, dass sie das fühlen, deswegen haben wir da eigentlich keine Bedenken und sind happy.

OV: Ihr gebt euren Hörer:innen mit der Musik viel Hoffnung und Mut aktiv zu werden bzw. zu bleiben. Gibt es für dich Musiker:innen, die dir auch so ein Gefühl geben?

Jonas: Das ist auf jeden Fall ein Hauptziel, dass wir unsere Hörer und Hörerinnen motivieren/motiviert halten politisch interessiert zu sein und sich zu informieren, aktiv zu werden, sich zu verbünden mit Menschen in ihrem Umfeld, um antifaschistische Arbeit zu machen. Auf jeden Fall gibt es auch da Artists, die mich motivieren und inspirieren. Wir hatten letztens mit PTK und Roger Rekless auch im Podcast darüber gesprochen, weil beide sehr politische Menschen sind und kommen auch zu dem Schluss: was sollen wir anderes machen außer aktiv zu bleiben? Selbst wenn die Zeiten jetzt durch die Wahl oder alles mögliche, durch verschiedene Dinge, immer hoffnungsloser scheint. Genau deswegen müssen wir dranbleiben, umso mehr müssen wir alle kämpfen, um die linke Bewegung nach vorne zu treiben. Um zum Punkt zu kommen: Ich bin inspiriert von vielen Songs von Ebow, eine Künstlerin, die ich seit Jahren feiere. Fun Fact: Die eigentlich auch auf dem Album gefeatured worden wäre. Auf Underrated Forever wäre sie gewesen, wäre sie nicht über lange Zeit krank gewesen und dann hat das leider zeitlich nicht mehr gepasst. Vielleicht ja in Zukunft. Megaloh oder vor allem BSMG, das eine Album, das sie gemacht haben. Das hat mich krass inspiriert, auf jeden Fall. Sehr politisches und wichtiges Album. 

Bob Vylan aus UK finde ich auch sehr inspirierend und ballert auf jeden Fall gut rein. Chefket tatsächlich auch, so’n paar Tracks, die ein bisschen politischer sind.

 

OV: Im Herbst steht die Tour zum Album an. Was erwartet Mensch bei dieser KAFVKA Tour/bei den Liveshows?

Jonas: Die Tour dieses Jahr wird auf jeden Fall richtig krass. Es werden alles Läden in einer für uns gerade perfekten Größe sein, also so 500 bis 600 Leute werden da sein. Das ist eine Größe, mit der wir letztes Jahr schon in einigen Städten das Vergnügen hatten und das ist einfach ‘ne perfekte Größe. Nicht zu groß, nicht zu klein, es ist ein geiler Vibe, trotzdem eine schöne Verbindung mit den Menschen, trotzdem kann man auch, was wir gerne machen, eine epic Show machen, die richtig schön durchgetaktet ist, die die Leute emotional mitnimmt, die dramaturgisch aufgebaut ist. Wir haben zum ersten Mal Nick dabei, der bei uns das Licht macht, Asly ist wie immer dabei, die den Sound macht, die Crew ist am Start. Das wird ein großes Ding. Wir spielen in vielen Städten Deutschlands, auch in Österreich und in der Schweiz. Das wird intensiv, das wird ein sehr langes ausgiebiges Set auf das wir richtig Bock haben. Und uns krass freuen, nach dem ganzen Album Prozess das alles jetzt live zu spielen, plus natürlich die besten alten Songs. Vermutlich stricken wir da ein Set von zwei Stunden, was mega viel Spaß machen wird. Wir haben Bock und auch immer geile Supportacts dabei. Das ist noch nicht ganz klar, wer es dieses Mal ist, aber das wird auch wieder schön.