Alisa Knoll | 21. Mai 2023
VAN HOLZEN - eine Band, die in keinem Plattenregal oder zumindest in keiner Playlist fehlten sollte. Mit ihrem wandelbaren Sound, der dennoch immer den Wiedererkennungswert hat, stechen sie hervor und bleiben im Ohr. Zwischen mitreißenden Melodien, treibenden und schmetternden Drums, finden sich lakonischen Textzeilen, die einen berühren und trotzdem als tanzbare Songs entpuppen.
Das haben sie neulich auf ihrer Tour unter Beweis gestellt. Bevor wir uns davon erneut überzeugen konnten, haben wir die Drei in Augsburg zum Interview getroffen. Wir haben mit ihnen unter anderem über die nächste musikalische Reise gesprochen, wie notwendig Social Media für Bands ist und sie haben uns malerisch einen Einblick in ihren Sprinter gegeben.
OV: Schön euch zu sehen. Wie geht's euch? Wie ist die Tour bisher?
Daniel: Macht Spaß, richtig gut.
OV: Ist irgendwas anders zur letzten Tour?
Daniel: Gefühlt geht es noch mehr ab, als beim letzten Mal. Ich finde, die beste Tour bisher.
Jonas: Die Leute haben Bock, abzugehen und zu schwitzen.
Flo: Ja, viel besser.
OV: Eure letzten zwei Singles "Tauchen" und "Zeit zieht" - Ist das die nächste musikalische Reise, wo es euch hinführt oder könnt ihr das noch gar nicht sagen?
Flo: Ich glaube, wir befinden uns gerade so auf der Reise und finden heraus, was Van Holzen noch so alles kann und da lassen wir uns auch echt richtig Zeit. Wir wollen einfach einzelne Songs releasen und uns ausprobieren und experimentieren. Ich finde, die letzten zwei Singles haben auch für uns innerhalb der Band voll gezeigt, dass man sich so viel erlauben kann und dass da noch einiges geht auf jeden Fall. Wir spielen uns da gerade voll frei
Daniel: Experimentierphase.
Jonas: Es ist auch voll schön, wie die Menschen es wahrnehmen, annehmen und Bock drauf haben, was rauskommt, egal wohin es geht. Ich meine, die Singles sind unterschiedlich und es wird auch nochmal unterschiedlicher werden.
OV: Seid ihr untereinander kooperativ oder gibt es da Unstimmigkeiten, was man nicht ausprobieren und musikalisch machen will?
Flo: Eigentlich nicht.
Daniel: Eigentlich gar nicht. Vor allem im Studio komplett offen. Bevor wir was raus bringen, müssen es natürlich alle so richtig abfeiern. Das ist dann immer der Fall. Davor kommt's nicht raus.
Flo: Ja, voll. Es darf auch alles ausprobiert werden. Ich finde das voll wichtig. Gerade als Band, die es jetzt auch schon drei-Alben-lang gibt, ist das eigentlich spielentscheidend. Sonst wiederholt man sich.
OV: Gibt es denn etwas, dass ihr unbedingt mal ausprobieren wollt, woran ihr euch vielleicht noch nicht gewagt habt?
Flo: Ich glaube, Features sind so ein Thema. Ich mein, wir hatten erst ein Feature mit Drens. Und wir hätten Lust, da noch mehr zu machen, auch mit Bands, die jetzt vielleicht nicht im selben Genre sind. Mal gucken, was da so geht.
OV: Ihr habt zu mir 2017 im Interview gesagt “Mit Features schießt man sich nur ins Bein. Ich würde lieber nur mit vielen Leuten Songs schreiben.”
Empörte “Woah!”-Rufe gemischt mit Lachern hallen durch den Raum.
OV: Stimmt ihr eurer Aussage noch zu?
Flo: Krass. Das ist ja voll der Scheiß. (lacht)
Jonas: Sie passt auf, was wir sagen.
Flo: Was eine scheiß Aussage. (lacht)
Daniel: Ich glaube, der Aussage stimmen wir nicht mehr zu. Es kann einem ziemlich viel bringen und es ist glaube ich interessant, wie das dann zustande kommt. So kommt man halt an Zielgruppen ran, die man sonst überhaupt nicht erreichen würde, was echt cool ist.
Flo: So entsteht ja auch Neues. Es hat sich vielleicht seit 2017 auch bisschen was geändert in unserer Wahrnehmung. Aber auch so generell gibt es jetzt ja schon mega viele Features. Gab’s damals auch schon, aber vor allem noch auf die Rap Musik beschränkt und jetzt ist es echt überall. Ich find’s voll geil. Kollaborationen sind Hammer.
OV: Man kriegt ja auch andere Einblicke, wie gehen andere Bands/Künstler:innen an so eine Sache ran.
Flo: Absolut. Also Bullshit. Wer hat denn das gesagt? (alle lachen)
OV: Wie sehen die Tage bei euch im Studio aus? Gibt’s einen groben Fahrplan oder eher guckt ihr was kommt und passiert?
Daniel: Eigentlich gibt’s nicht so DIE Rezeptur wie “Wir fangen immer mit Drums an". Es ist mal so, mal so. Meistens kommt Text und Instrumental gleichzeitig.
Flo: Es gibt schon so einen Tagesablauf. Ich brauch das auch, dass ich weiß wir fangen 10:30 an und dann geht man Mittag essen und hat noch den Nachmittag. Irgendwie ist es schon ein bisschen Struktur, weil dann kann man darin frei agieren, als wenn man einfach nur rumsitzt und wartet bis etwas kommt. Ich brauche schon klare Ansagen. Wir arbeiten auch dafür. Wir lassen uns nicht nur berieseln, wir schauen, dass wir was hinbekommen und dann erst im Nachhinein beurteilen, ob es gut war oder nicht.
Daniel: Genau. Diese endlos langen Nachtschichten gibt es nicht mehr wirklich. Oder nicht mehr so viel. Gerade wenn man es über zwei Wochen machen will und du machst am zweiten Tag schon bis vier Uhr nachts, dann verschiebt sich alles danach ganz komisch. Dann fängst du immer erst nachmittags an und machst immer in die Nacht rein. Da haben wir nicht mehr so Bock drauf. Unhealthy!
OV: Es ist wahrscheinlich im Endeffekt auch nicht mehr so produktiv, weil, wie du sagst, es dann ins Ungesunde geht.
Flo: Ja. Und du hast dann kein Sozialleben mehr. Gar nicht. Ich finde es schon auch geil während der Studiozeit auch noch andere Leute zu sehen.
OV: Wie sehr beeinflusst euch als Band Instagram, TikTok? Hat es einen Einfluss auf euren Alltag, muss man diesen an Social Media anpassen?
Flo: Es ist auf jeden Fall Arbeit. Man muss sich da schon die Zeit nehmen, wenn man das machen möchte. Das wird ja auch anteilig immer mehr. Ich glaube, es ist wichtig für Künstler:innen, jetzt auf Plattformen vertreten zu sein und Content zu liefern. Das wurde über Corona noch wichtiger, weil keine Konzerte stattfinden konnten. Aber ich finde das auch geil, wir haben TikTok jetzt seit Anfang des Jahres und es macht auch Bock. Das ist auch ‘ne Art von kreativen Output. Nur muss man aufpassen, dass man anteilig Musik schreibt und Social Media Content created. Dass sich das bisschen über einen längeren Zeitraum die Waage hält. Ansonsten kann man sich auch richtig krass darin verlieren. Es ist eigentlich wie Songs schreiben oder Musikvideos drehen. Du musst dir da schon die Zeit nehmen und da ist es manchmal bisschen tricky. Ohne die Songs gibt es keine TikToks. Kann man schon machen, aber dann haben die nicht viel mit deiner Musik zu tun. Deshalb muss man ein Auge drauf haben.
OV: Ist es dann wichtiger, sich dem Algorithmus anzupassen und bei einem Trend aufzuspringen oder ist eher das Augenmerk darauf, seine Songs zu präsentieren?
Flo: Mal so, mal so. Also ich finde es auch mal cool zu versuchen, bei einem Trend mitzumachen, wenn man das Gefühl hat, das passt zu uns, da haben wir Bock drauf. Ich finde bisher hat das auf jeden Fall unsere Intuition und unser Bauchgefühl geschult, um sich anzugucken, was geht da so, was fühlen wir, was fühlen wir nicht. Man muss sich auf jeden Fall ‘nen Stock aus’m Arsch ziehen.
Wir waren am Anfang so “Oah, wir machen da gar nichts - voll cringe!” Aber es geht schon. Wir waren vor Kurzem in Dortmund in der Innenstadt und ich hatte am meisten Probleme damit, in der Innenstadt mit Schlagzeug, Gitarren zu performen und ein TikTok zu drehen. Aber ich fand es irgendwie auch witzig, was man da für Gespräche führt und Leute auf einen zu kommen. Man erlebt auf jeden Fall was. Es ist halt erstmal nicht unsere Komfortzone.
OV: Die Frage hätte ich auch: Wann geht ihr aus eurer Komfortzone raus?
Daniel: Da auf jeden Fall. (alle
lachen)
Wir haben in Ulm angefangen und sind einfach mal raus an verschiedene Orte und haben den Zeit zieht performt. Auch da war es schon teilweise Überwindung,
sich unter Leute zu stellen.
Jonas: Du bist ja keine Person, die in dem Moment einfach den Fahrrad - oder Fußweg entlang läuft oder fährt, sondern du spielst irgendwas und die Leute schauen explizit zu dir, denn es ist irgendwas was sie nicht täglich sehen, wie z.B.: auf der Treppe sitzt jemand mit Kopfhörern und Mikrofon und zwei Leute filmen. Wenn man mit Gitarren und Schlagzeug in der Stadt steht, fragen sich die Leute "Was passiert da?Warum?" Dann kommen witzige Gespräche zustande oder du wirst halt einfach nur angeschaut. Die Leute finden es toll, filmen es und haben dann auch wieder was zu erzählen.
Flo: Die jungen Leute wissen direkt “Ah ja, ist für TikTok!”
Daniel: Mittlerweile gebe ich keine Ficks mehr, da macht das dann einfach Bock. (lacht)
Flo: Ich glaube, es ist bisschen so die Angst davor, Menschen zu stören oder ihnen auf den Sack zu gehen. Aber die muss man ein bisschen ablegen. Aber guck dir mal an, was Ski Aggu auf seinem TikTok macht. (lacht) Ich feier den zwar nicht so, aber der stört ja auf jeden Fall absichtlich Menschen und das ist natürlich übel unterhaltsam für einige.
OV: Beendet folgende drei Sätze.
alle: Müde. (alle lachen)
Daniel: Ich wollt zuerst krank sagen, aber ich werde gerade wieder gesund.
Jonas: Veganen Snackwürstchen. Aber das ist nicht die finale Antwort! (alle lachen)
Daniel: Gerade schmeckt’s nach Ingwer. Die Tour schmeckt nach Ingwer.
Flo: Und Schweiß. Salzig. Sehr salzige Tour.
Flo: Jonas.
Daniel: Auf jeden Fall nicht ich (lacht)
Jonas: Du hast ja gar keine ..
Daniel: .. gar keine Dancemoves?!
Jonas: (lacht) .. Keine Chance zu dancen.
Daniel: Geht es nur um auf der Bühne oder generell?
OV: Generell.
Jonas: Hab ich coole Dancemoves?
Flo: Ja schon.
Daniel: Safe.
Flo: Auf jeden Fall ungewöhnliche. (lacht)
OV: Nun dürft ihr malen. Und zwar: einen Einblick in euren Tourbus. Egal ob in die Fahrerkabine oder in den Kofferraum.
Ein Raunen, ein Hauch Begeisterung, aber vor allem Gelächter schallt durch den Backstage.
Jonas: Einfach das Tetris Spielfeld malen.
Daniel: Ich wollt genau das machen. (alle lachen)
Jonas: Ich kann gar nicht malen. Ich kann doch nur Tanzen.
Flo: Ich mach den Sprinter von vorne. Du seitlich.
Daniel: Seitlich? Nee, ich wollte von innen malen.
Flo: Welches Innen?
Daniel: Na, Innenraum, halt, wo wir sitzen. Mit der Perspektive von oben.
Flo: Ich habe so lange nicht mehr gemalt.
Daniel: Ich auch.
OV: Beim letzten Mal (2017) habt ihr mir eure Superkräfte gemalt.
Flo: Geil, was waren das?
Daniel: Ich weiß noch, wie ich ‘ne Raucherlunge gemalt habe. (lacht)
OV: Ja, Jonas konnte supergut rauchen.
Jonas: (lacht) Was ein Lob.
OV: Flo konnte gut schlafen und Daniel konnte richtig gut tauchen.
Flo: Geil.
Jonas: Ich kann am besten rauchen?
Daniel: Stimmt nicht mehr, ich kann's am besten. (lacht)
OV: Kannst du noch gut tauchen?
Daniel: Lang nicht mehr gemacht, wahrscheinlich rauch ich zu viel. (alle lachen)
Daniel: Meine Zeichnungen sind halt leider nicht witzig
Flo: Die sollen auch nicht witzig sein, die sollen accurate sein!
Daniel: Accurate wird’s.
Flo: Damn, son.
Jonas: (lacht) Das sieht alles bisschen schäbig aus bei mir.
Daniel: Wie wird schnarchen in Comics dargestellt? Hinter mir wird immer viel gesägt.
Jonas: Nächstes Mal, wenn Alisa ein Interview macht, muss ich mich drauf vorbereiten.
Flo: Wir müssen zeichnen lernen.
Jonas: Meins sieht wie so ein Gepäckding vom Hotel aus, auf dem übel viele Koffer liegen.
Flo: Das ist besser geworden als meins.
Jonas: Nein?
Flo und Jonas halten ihre Bilder zusammen.
Jonas: Ist doch super. Wir hätten uns nur mit den Rädern abstimmen sollen.
Flo: Wir sind vorne überladen. (beide lachen)
Flo: Wir haben unseren Sprinter aus drei Perspektiven gemalt. Ich habe den Bus von vorne gemalt. Ist mir nicht ganz gelungen, aber ich habe mein Bestes gegeben.
Daniel: Ich habe sehr detailgetreu den Innenraum von unserem Sprinter, aus der Vogelperspektive gemalt.
Jonas: Und ich habe den Sprinter von hinten gemalt, wie das Gepäck rein geladen wird.
Daniel: Jeder seinen Arbeitsbereich, quasi.
Jonas: Naja! (lacht)
OV: Zum Abschluss dürft ihr zwei Songs auf unsere neu ins Leben gerufene Playlist packen. Einen Song von euch und einen gemeinsamen Favoriten.
Daniel: Mach ma Zeit zieht und von Lola Young - Don't Hate Me