Von Sarah Weinberg (Text & Fotos) | 08. August 2024
Vom 7. Bis 9. Juni verwandelte sich das Zeppelinfeld und das Areal rund um den Dutzendteich in Nürnberg erneut zu einem Paradies für Musikfans. Rock im Park bescherte 80.000 Menschen ein aufregendes und unvergessliches Wochenende. Wir blicken noch einmal zurück.
Der erste Schritt auf das Festivalgelände bringt immer ein bisschen Magie mit sich. Wenn die Besucher:innen in der heißen Mittagssonne am Freitag das Areal betreten, die ersten rauen Gitarrenklänge aus den Boxen schallen und der Duft von Pizza, Pasta und Bier in der Luft liegt, weiß jede:r: Es ist wieder Rock im Park Zeit. Auf der Utopia Stage, der größten Bühne, die sich direkt auf dem Zeppelinfeld befindet, eröffnet an diesem Freitag die US-amerikanische Rockband Against The Current, dessen Frontfrau Christina das Publikum ordentlich einheizt. Während des Auftritts um kurz vor 13 Uhr strömen immer mehr Menschen auf das Feld und Nürnberg verwandelt sich zur Rock City.
Als dann um kurz nach 15 Uhr die Donots die Utopia Stage betreten, dauert es keine 10 Sekunden, um zu verstehen, warum diese Band seit Jahrzenten einer der beliebtesten Festivalacts in Deutschland ist. Beim ersten Refrain des ersten Songs ist das Publikum nicht mehr zu halten und die Stimmung scheint schon jetzt ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Songs wie „Calling“, „Wake The Dogs“ und „Auf sie mit Gebrüll“ dürfen im Set natürlich nicht fehlen. Es wird gesprungen, gesungen und in der Menge öffnen sich regelmäßig Kreise. Sänger Ingo bringt die Besucher:innen gleichermaßen zum Schmunzeln und Rocken und die 60-minütige Show lässt jede Person auf dem Zeppelinfeld verschwitzt aber glücklich zurück.
Auf der Mandora Stage neben der Arena spielen zu diesem Zeitpunkt bereits Dogstar, die auch aufgrund ihrer prominenten Besetzung mit Keanu Reeves am Bass auf großen Jubel stoßen. Im Publikum werden viele selbstgebastelte Schilder, auf denen der Musiker und Schauspieler gewürdigt wird, in die Luft gehalten. Danach betreten Royal Republic die Bühne, die an diesem Tag den Release ihres neuen Albums „LoveCop“ feiern. Auf die vier Musiker aus Malmö ist immer Verlass, wenn es um gute Stimmung, witzige Ansprachen und Gitarrenriffs geht. Sowohl ältere Songs wie „Full Steam Spacemachine“ und „Tommy Gun“ als auch neue Songs wie „Freakshow“ und „My House“ finden großen Anklang in der Menge.
Nach dem Auftritt strömen viele Menschen zum nahegelegenen Food-Court, um sich während einer kurzen Verschnaufpause am vielfältigen Essensangebot zu bedienen. Eine halbe Stunde später geht es auf der Utopia Stage mit einem Klassiker weiter: Billy Talent! Auf dem Zeppelinfeld ist es mittlerweile kuschelig geworden und es bleibt nur noch wenig Platz für weitere Zuschauer:innen. Die Kanadier liefern eine wie gewohnt mitreißende Show ab. Als dann Green Day als Headliner um ca. 20.40 Uhr die Bühne betreten, muss der Zugang zum Zeppelinfeld kurzzeitig gestoppt werden. Die Songs der US-Rocker werden bis in die letzten Reihen mitgesungen, hier ist jede:r textsicher. Ein kurioses Bild zeigt sich, als plötzlich ein riesiges, aufblasbares Flugzeug über die ersten Wellenbrecher fliegt. Insgesamt zwei Stunden und 20 Minuten präsentieren Green Day ihre eingespielte, aber keinesfalls langweilige Show, die alle Hits und viele neue Songs umfasst.
– Festivalbesucherin aus Leipzig
Eine halbe Stunde später folgt auf der Mandora Stage das nächste Highlight. Mit Pyrotechnik und Feuerwerk eröffnen die Broilers ihre Show und reißen das Publikum von Anfang an mit. Ein Special Guest darf nicht fehlen: Für den Juli-Song „Fette Wilde Jahre“ betritt dann Juli-Sängerin Eva Briegel die Bühne und performt zusammen mit den Broilers unter lautem Applaus. Während die Band unter dem Sternenhimmel rockt, beginnt auf der Orbit Stage in der Arena der Slot vom Chemnitzer Rapper Trettmann. Die Halle ist zu diesem späten Zeitpunkt nach Mitternacht gut gefüllt und das Publikum genießt eine abwechslungsreiche Show, die gleichzeitig den Abschluss des ersten Rock im Park Tages markiert. Auf dem Rückweg wird noch einmal das Abschlussfeuerwerk der Broilers bestaunt und tausende erschöpfte, aber lächelnde Menschen machen sich auf den Weg zum Campingplatz oder nach Hause.
– Festivalbesucherin aus dem Nürnberger Land
Auch der Samstag startet sonnig und warm. Auf der Utopia Stage eröffnen H-Blockx den Festivaltag. Um kurz nach 14 Uhr betreten die Leoniden die Bühne auf dem Zeppelinfeld und bringen 100% gute Laune und Energie mit. Während der Show mischt sich Sänger Jakob unter das Publikum, stimmt dann unter anderem das virale „Pyrotechnik“-Lied an und die Menge steigt jubelnd mit ein. Danach ist es Zeit für Madsen, die das gut gefüllte Zeppelinfeld mit Hits wie „Lass die Musik an“ und „Du schreibst Geschichte“ zum Singen und Tanzen bringen. Madsen rahmen das Festivalfeeling bei Rock im Park perfekt ein. Menschen liegen sich in den Armen oder tanzen ausgelassen. In Momenten wie diesen rollt eine Welle der Dankbarkeit und Glückseligkeit über das Gelände, denn wenige Dinge schaffen es so gut wie Livemusik Menschen zusammenzubringen und sie alles um sich herum vergessen zu lassen.
Nachdem auch Wanda aus Österreich das Publikum vor der Utopia Stage zum Tanzen brachten, war es Zeit für einen weiteren Publikums-Lieblingsact: Kraftklub betreten um 19 Uhr mit weißen Shirts, roten Hosenträgern und langen schwarzen Parkas die Bühne und eröffnen ihre Show mit „Songs für Liam“ und einem Konfettischlangen-Regen. Die Crowd ist textsicher und übernimmt die Energie der Band schon nach wenigen Sekunden. Für den Kraftklub Song „Kein Liebeslied“ und den KUMMER Song „Bei Dir“ begibt sich die komplette Band in die Mitte des ersten Wellenbrechers und das Publikum lauscht andächtig den ruhigeren Klängen. Mit „Randale“ wird das Zeppelinfeld dann noch einmal ordentlich durchgerüttelt. Die Menge geht in die Hocke, wartet auf das Zeichen von Sänger Felix und springt dann hoch in den Himmel. Während Hüte, Schuhe und Becher durch die Luft fliegen, werden auf der Bühne Regenbogen- und „Randale“-Fahnen geschwenkt.
Als weiterer Headliner liefern dann Måneskin eine beeindruckende Show, die auch die letzten Reihen auf dem prall gefüllten Gelände mitreißt. Die ESC-Gewinner von 2021 haben ihr Talent und ihre Bühnenpräsenz im Vergleich zum letzten Mal bei Rock im Park (2022) enorm gesteigert. Sänger Damiano überzeugt mit einer starken Stimme, die sowohl bei ruhigen, zerbrechlichen Songs als auch bei lauten Rocksongs nicht enttäuscht. Genauso begeistern Bassistin Victoria, Drummer Ethan und Gitarrist Thomas an ihren Instrumenten. Neben dem ESC-Siegersong „Zitti e buoni“ findet sich eine Mischung aus alten und neuen Songs auf der Setlist. Vom herzzerreißenden „Coraline“ über „I Wanna Be Your Slave“ zu aktuellen Hits wie „Honey (Are You Coming?)“ und „Baby Said“. Die Band aus Rom beweist mit ihrem Auftritt, dass sie dem Headliner-Slot bei einem der größten Festivals Deutschlands absolut würdig sind.
Nebenan auf der Mandora Stage feuern Parkway Drive kurze Zeit später eine beeindruckende Show ab, die mit Pyrotechnik und Flammen nicht spart. Die australische Band ist nicht zum ersten Mal Gast bei Rock im Park und weiß, wie sie das Publikum voll und ganz in ihren Bann ziehen kann. Auch in der Arena versammeln sich zu diesem Zeitpunkt viele Menschen vor der Orbit Stage, um mit Body Count feat. Ice-T zu rocken. Das Ende des zweiten Festivaltages wird erneut von einem großen Feuerwerk abgerundet, das an diesem Abend den Abschluss der Parkway Drive Show symbolisiert.
Das Wetter meint es in diesem Jahr besonders gut mit Rock im Park. Der dritte und letzte Festivaltag beschert den Menschen erneut viel Sonne und Wärme. Um 13 Uhr eröffnen Guano Apes den Sonntag und rocken in der Mittagssonne die Utopia Stage. Selbst eine plötzliche Verletzung am Ohr kann Sängerin Sandra nicht davon abhalten, eine energiegeladene Show hinzulegen und das schwitzende Publikum zum Mitrocken zu animieren.
– Festivalbesucher aus Nürnberg
Neben dem gewohnten Festivalgelände rund um das Zeppelinfeld und den Dutzendteich gibt es in diesem Jahr eine Erweiterung des Festivalerlebnisses. Der Fun Park, der sich neben dem Lidl Rock Store und am Beginn der Campingplätze befindet, bietet neben einem Biergarten auch Fahrgeschäfte wie u.a. Autoscooter und ein Kettenkarussell, das in schwindelerregende Höhen fährt. Der Lidl Rock Store, der schon seit vielen Jahren auf dem Gelände zu finden ist, bietet den Besucher:innen alles, was das Festivalherz begehrt und braucht. Egal ob Eiswürfel, Regenponchos, Grillgut (auch vegan und vegetarisch), Snacks oder Hygieneartikel – hier findet man alles. Vor dem Store bietet Lidl außerdem noch eine Fläche für Spiel, Spaß und Entspannung; u.a. mit Klebe-Tattoos, Musik und einer Sitzecke.
– Festivalbesucherin aus dem Nürnberger Land
Auf der Utopia Stage wird es am letzten Festivaltag um 15:45 Uhr wieder lauter, denn Enter Shikari nehmen Bühne und Publikum ein. Die britische Band hat viele textsichere Fans im Publikum und präsentiert alte Klassiker wie „Sssnakepit“ und „Sorry, You’re Not A Winner“, aber auch Songs von ihrem aktuellen Album „A Kiss For The Whole World“ wie „Giant Pacific Octopus“ und „Bloodshot“. Sänger Rou bringt mit seiner Performance die Bühne zum Kochen und die Band badet in lautem Applaus.
Ein weiteres Erlebnis, das man bei Rock im Park mitnehmen sollte, ist eine Fahrt mit dem Riesenrad. Vom höchsten Punkt hat man eine atemberaubende Sicht über das Gelände, aber besonders über das Zeppelinfeld, das am späten Sonntagnachmittag bei der Show der Dropkick Murphys nur noch wenige freie Flächen aufweist.
– Festivalbesucherin aus Stuttgart
Um 20:45 Uhr ist das volle Zeppelinfeld dann bereit für den Headliner dieser Bühne. Niemand geringeres als Die Ärzte bieten dem Publikum auf der Utopia Stage eine abwechslungsreiche und lustige Show. Neben all den Hits, die die Band in den letzten Jahrzehnten veröffentlichte und auch an diesem Abend zum Besten gibt, sind es besonders die Ansprachen zwischen den Songs, die das Publikum zum Lachen und auch zum Nachdenken bringen. Es ist auch der Abend der Europawahl. Während in den vorderen Reihen unermüdlich eine „FCK AFD“-Fahne geschwenkt wird, betonen Farin, Bela und Rod mehrmals, dass Parteien wie diese keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Mit „Schrei nach Liebe“ wird diese Haltung dann erneut bestärkt und über 60.000 Menschen singen laut für die Demokratie und gegen den Faschismus. Musikalisch ist es eine ausgelassene Show, die mit dem Ärzte-Humor einen perfekten Abschluss für die Utopia Stage bildet. Beim Refrain von „Unrockbar“ soll sich das Publikum hinsetzen, anstatt wie gewohnt in die Luft zu springen. Während „Junge“ bildet sich im ersten Wellenbrecher ein gigantischer Kreis, der vom sogenannten „Moshpit Minister“ dirigiert wird. Und auch das Riesenrad, das Farin Urlaub an diesem Abend auf humoristische Art und Weise ein Dorn im Auge zu sein scheint, wird regelmäßig in Lyrics und Ansprachen eingebaut. Nach zwei Stunden und 15 Minuten endet die Show der deutschen Kultband und die zehntausenden Besucher:innen auf dem Zeppelinfeld machen sich langsam auf den Weg zu den letzten zwei Acts auf der Mandora- und Orbit Stage oder nach Hause.
Bevor das Licht auf der Utopia Stage allerdings erlischt, leuchten die großen Videowalls noch einmal auf: Rock im Park feiert nächstes Jahr 30-jähriges Jubiläum (Rock am Ring 40) und der Name des ersten bestätigten Headliners erscheint auf den Wänden: SLIPKNOT! Tickets für Rock im Park 2025 gibt es hier.
Auch wenn man an einem Festivalwochenende am liebsten 24 Stunden am Stück Spaß haben und alle Sorgen vergessen möchte, ist es besonders auf dem Gelände von Rock im Park wichtig, die reale Welt nicht komplett auszublenden. Das Areal, das nun seit fast 30 Jahren ein Platz für Livemusik, Spaß und ausgelassenes Feiern ist, zählte vor noch nicht einmal hundert Jahren zu einem furchtbaren, zentralen Schauplatz des dritten Reichs. Umso wichtiger ist es, sich der heutigen Freiheit bewusst zu werden und Hass, Hetze und Faschismus keinen Platz zu bieten. Ansprachen von Bands zu diesem Thema gibt es immer wieder während des Festivals und wir finden das wichtig und richtig! Egal ob es das „Lebe so, dass die AfD etwas dagegen hat“-Backdrop ist, die Ansprache von Kraftklub Sänger Felix zum Thema Antifaschismus oder Songs wie „Schrei nach Liebe“ der Ärzte, die an diesem Wochenende noch einmal anders kicken.
Insgesamt überzeugte Rock im Park auch wie in den Jahren zuvor mit einem musikalisch diversen Line-Up. Von Metal über Rock und Indie bis hin zu HipHop hatte man die Möglichkeit, ein abwechslungsreiches Programm zu erleben. Ebenso beim Mix aus nationalen und internationalen Acts punktet das Festival. Etwas, das wir uns in Bezug auf das Line-Up für die kommenden Jahre wünschen würden, ist ein noch höherer Anteil an weiblichen bzw. FLINTA* Acts. Die Auswahl an Getränken und Speisen (auch vegan und vegetarisch) hat sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt und bietet mittlerweile eine ausgewogene Auswahl. Auch der neue Fun Park stieß auf große Begeisterung und gab dem Festival noch einen weiteren Erlebnis-Touch. Und egal ob schwarzes Metal-Bandshirt, lustiges Bananenkostüm oder Glitzer im Gesicht: Bei Rock im Park kommen alle zusammen und feiern mit über 80 Acts ein ausgelassenes Wochenende. Wir freuen uns schon auf nächstes Jahr, wenn es Anfang Juni in Nürnberg wieder heißt: „Welcome to Rock City!“.