Album Review: BIBIZA – bis einer weint

von Caro Hilbig und Sarah Weinberg | 21. November 2024

Nur 18 Monate nach "Wiener Schickeria" ist BIBIZA mit einem neuen Album zurück. Am 22. November veröffentlicht der Wiener Musiker "bis einer weint" via Columbia / Sony Music.

Im Mai 2023 erschien das Album "Wiener Schickeria", mit dem BIBIZA im darauffolgenden Oktober eine ausverkaufte Tour in Deutschland, Österreich und der Schweiz spielte. Im Januar und Februar 2024 folgten weitere Termine in Deutschland. Den Sommer verbrachte der Musiker mit seiner Band bei Festivals wie zum Beispiel dem Sputnik Springbreak, PULS Open Air, Lido Sounds, Oben Ohne Open Air, Juicy Beats und dem Taubertal Festival. In den vergangenen Wochen spielte BIBIZA außerdem Support-Shows für Wanda und Bilderbuch.

Nun präsentiert der Wiener sein neues Album "bis einer weint". Insgesamt 21 Tracks umfasst die Platte, von denen "aufnimmawiederschaun", "DONAU", "Nicht schon wieder!", "Discoschnupfen" und "Tanzen" bereits als Singles erschienen sind. Produziert wurde die Platte von Johannes Madl, Johannes Römer, Filous, Demian Pengg, Markus Wilfinger, Tun Tonnar und Marian Plosch; sowie Markus Windisch und Enzo Gaier, die beide zu BIBIZAs Liveband gehören.

Der erste Song und Titeltrack "bis einer weint" ist ein Zusammenspiel aus ruhigen Strophen und einem lauten Refrain, getragen von treibenden Drums und Gitarrensounds, bevor sanfte Klavierklänge das Outro bilden. "Wunschkonzert" wird gleichermaßen von Gitarre, Bass und Drums eingeleitet und bahnt sich im weiteren Verlauf mit funky Riffs und teilweise spacy Sounds seinen Weg direkt in die Tiefen des Gehörgangs. „Das Leben ist kein Wunschkonzert. Meine Wünsche bleiben unerhört. Irgendetwas liegt da in der Luft. Ich glaub' das System ist kaputt" – Achtung, absolutes Ohrwurm-Potenzial!

Die wohl größte musikalische Überraschung verbirgt sich hinter dem Song "Salamander & Chamäleons". Hier reisen wir mit BIBIZA zurück in die 1950er und 1960er Jahre. Nach nur wenigen Sekunden hat man imaginär die Tanzschuhe geschnappt und ist bereit, die Tanzfläche in Rock'n'Roll-Manier mit einem flotten Twist zu erobern.

"Europa, du hast eh keine Probleme.

Mach' deine Grenzen dicht und streichel' deine Seele.

Ist leicht zu Lachen mit dem Gold in der Kehle.

Ach, wie schön ist diese Luxusparese"

– "Luxusparese"

Mit "check in / check out" präsentieren der Musiker und seine Band einen Track, der die Hörer:innen ebenfalls sofort um Tanzen animiert. Weg vom Rock'n'Roll und hin zum Funk. "Ich hebe ab, die Stadt wird klein. Frau Stewardess, ham's noch a Flascherl Wein?" singt BIBIZA im Refrain über eine funky Gitarre, bevor eine prägnante Bassline einsetzt und mit der Gitarre und einem sich wiederholenden, geflüsterten "check in, check out" verschmilzt. Diese Flugreise, auf die uns der Wiener mitnimmt, macht einfach nur Spaß. Politisch wird es im Verlauf des Albums auch. In "Luxusparese" wendet sich Franz Bibiza zum erneuten Klang einer funky Gitarre und einer tiefen Bassline gleichermaßen sarkastisch und kritisch an Europa und dessen Umgang mit Themen wie der Klimakrise und Migration.

Wer sowohl musikalisch als auch lyrisch nach einem BIBIZA-typischen Clubsong sucht, wird spätestens bei "KAPUTT ABER GEIL" fündig. Für eine Minute und 54 Sekunden"ballert der Bass", um den Musiker hier direkt zu zitieren. Aufdrehen und ausrasten ist angesagt! Seine instrumental experimentelle Seite zeigt der Sänger beim Track „schwimmen“. Während der ruhigen Strophen setzen im Hintergrund leise Streicher ein und im letzten Drittel des Songs wird BIBIZAs Stimme von einem Chor unterstützt.

Zum Ende hin wird es noch einmal melancholisch. Franz Bibiza stellt sich vermehrt die tiefgreifenden Fragen des Lebens: Zwischen „Warum fühl ich mich gut, wenn ich hinfall?“ und „Was hab ich mir da angetan?“ liegen nur wenige Minuten und vor allem keine Antworten. Franz ist auf einer Findungsreise und nimmt uns alle mit. „angefahrn“ erzählt scheinbar, begleitet von seichten Drums und einer lockeren Gitarre, von den Zweifeln und Schattenseiten einer Beziehung. Ob es die zu seiner stetig bergauf gehenden Karriere oder eine persönliche ist - so ganz klar wird es nicht. Vielleicht ist es auch beides. Sicher ist jedoch eines: sensibel und ein offenes Buch ist er, der BIBIZA. Und nichts anderes wird auf den letzten Songs noch klarer, als auf den achtzehn zuvor schon.

"Was hab ich mir da angetan?

Auf einmal will jeder an mich ran

Ich bin ein offenes Buch und fühl mich so angefahrn"

– "angefahrn"

Den Abschluss auf dieser vielfältigen Platte macht „Gute Nacht“. Über fünf Minuten gefüllt mit Herzschmerz, Melancholie und einer Schwere, die diesen Song zu einem Unikat macht. Jede Zeile fühlt sich an, als hätte man einen verbotenen Blick in ein emotionales Tagebuch gewährt bekommen. Und dann kommen die Zeilen, die dazu verleiten sich inmitten der dunkelsten Nacht auf das nächste Häuserdach zu stellen, zu schreien und sich von dem Schmerz, den man bei diesem Song mit BIBIZA fühlt, zu befreien. „Wir sind unsterblich. Bis einer weint. Wir sind nicht ehrlich. Bis einer weint. Leben gefährlich. Bis einer weint. Wir sind unsterblich. Bis einer weint.“. So schließt sich der Kreis zum ersten Song endgültig und BIBIZA verabschiedet sich in eine alkoholgetränkte Nacht voller Höhen und Tiefen, von der er uns die letzten 58 Minuten alles erzählt hat. Und wir würden jedes mal aufs Neue wieder zuhören!

Mit einer beachtlichen Menge an Songs, musikalischen Überraschungen, einem lyrischen roten Faden und viel Ohrwurm-Potenzial präsentiert BIBIZA ein extrem vielseitiges Album. Wo er musikalisch auf "Wiener Schickeria" begonnen hat, macht der Musiker jetzt auf "bis einer weint" weiter und geht noch höher hinaus. Hier trifft Pop auf Funk-Rock, Rap und Sprechgesang auf elektronische Sounds, Rock'n'Roll auf Indie-Rock und NDW auf funky Gitarrenriffs. Klar ist: Das Album besteht nicht nur aus Party, Extase und Liebe, sondern ist auch politisch und gesellschaftskritisch. Ebenso beschäftigt sich BIBIZA mit Sehnsucht, Verletzlichkeit und Hoffnung. Trotz dieser ernsthaften Themen verliert der Wiener keinesfalls seine Leichtigkeit: er verarbeitet all das mit dem bekannten Wiener Schmäh.

Im Februar und März 2025 geht der BIBIZA mit seiner Band auf "bis einer weint"-Tour in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Tickets und Merchandise gibt es hier.

tracklist

1. bis einer weint

2. aufnimmawiederschaun

3. Wunschkonzert

4. Nicht schon wieder!

5. Salamander & Chamäleons

6. Discoschnupfen

7. check in / check out

8. Luxusparese

9. DIE RECHNUNG KOMMT

10. Der Mann mit der Glatze

11. KAPUTT ABER GEIL

12. Rauchen ist tödlich!

13. Tanzen

14. Die Donauwalze

15. DONAU

16. schwimmen

17. hinfalln

18. Böses Spiel

19. angefahrn

20. nirgendwo dazwischen

21. Gute Nacht

Label: Columbia / Sony Music

Veröffentlichung: 22.11.2024

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